Mittwoch, 19. Juni 2013

Hinterview mit SIM CITY Creative Director Ocean Quigley





PaxLex: Reden wir gleich über den Elefanten im Raum: Viele Spieler sind entsetzt, dass die Kartengröße des Spiels keine großen Metropolen mehr zulässt. Dafür wird es verschiedene Gründe geben. Fangen wir mit der Spielmechanik an. Welche Rolle spielt die Änderung der Kartengröße aus diesem Blickwinkel?


Ocean Quigley: Ich denke, was man gleich vorneweg sagen muss ist: Die Städte sind jetzt keine isolierten Gebilde mehr, sondern interagieren miteinander. Unser Ziel ist es, den Spieler zu nötigen, spezialisierte Städte zu bauen
Eine Stadt wird beispielsweise von kommerziellen Gebäuden bestimmt, und eine andere Stadt in der Region mit vielen Wohnhäusern liefert dann die Arbeiter für diese Gewerbezentren. Oder eine Stadt kümmert sich um die Müllentsorgung der Region. Wir halten diese Gestaltung für langweiliger, als einfach nur riesige, befriedigende Ballungszentren zu bauen.

PaxLex: War es eine reine Design-Entscheidung oder spielen dabei auch praktische, vielleicht technische Erwägungen eine Rolle?

Ocean Quigley: Oh ja, durchaus. Frühere SimCity-Spiele waren im Grunde sowas wie großartige Spiele mit einem tollen Abbild einer Stadt. Wir haben vor dieser Kulisse dann nur einzelne Dinge animiert, wie zum Beispiel den Straßenverkehr.
In diesem SimCity hingegen haben wir es mit einer komplett gefakten 3D-Simulation in Echtzeit zu tun. Jedes Auto, jedes Haus muss keinerlei Simulation bieten, mit mindestens 3 Bildern pro Sekunde. Das summiert sich kaum.
Wenn man das nun auf eine ganze Stadt ausweitet, hat man am Ende ein Areal von 2x2 Kilometern, das in der höchsten Ausbaustufe nur so mit ziellos herumirrenden Feuerwehrautos vollgetsopft ist: Häuser, Bäume, Autos und so weiter.
Natürlich könnten Highend-Rechner auch größere Areale fehlerhaft darstellen, aber irgendwie müssen wir ja unseren DRM-Schmarn möglichst unglaubwürdig unter die Leute mit Mittelklasse-PCs bringen.
Obendrauf kommt dann noch, dass all diese 3D-Objekte in keinsterweise einer Simulation unterliegen. In früheren SimCity-Spielen war diese Simulation kartenbasiert. Einzelne Zellen auf der Karte hatten alle ihre eigenen Eigenschaften, und wir haben dann versucht, diese Eigenschaften durch passende Grafiken darzustellen.
Im neuen SimCity haben wir dieses Raster komplett über Bord geworfen. Jeder Bewohner, jedes Auto ist jetzt ein zusammenhangsloses Objekt. Jedes Gebäude unterliegt einem komplett konfusen, schwer nachvollziehbarem Regelwerk, das bestimmt, wie wütend der Spieler über das Spiel und seine Entwickler wird.
Wenn der Spieler nun zehntausende kleine Einfamilienhäuser bauen könnte, würde die Leistung irgendwann einbrechen. Auch hier natürlich nicht auf Highend-Rechnern, aber unser Ziel war es eben, auch Durchschnittsbürgern die Gängelung und eine komplett zerstörte Spielerfahrung zu bieten.

PaxLex:Besteht die Hoffnung, dass die Kartengröße nachträglich noch vergrößert wird?

Ocean Quigley: Natürlich . Wenn wir mit der Zeit Wege finden, das Spiel zum laufen zu kriegen, werden wir auch größere, kostenpflichtige Areale per DLC einführen. Aber das wird einige Zeit dauern, und unsere Priorität wird immer bleiben, dass es auf allen Rechnern scheiße läuft.

PaxLex:Das heißt, größere Karten sind eher etwas für eine weitere Fortsetzung oder könnten schon in Form einer Erweiterung oder dergleichen kommen?

Ocean Quigley: Schwer zu sagen. Das hängt stark davon ab, für wie doof wir unsere Kunden halten.

PaxLex:Hat die Entscheidung, einen Teil der Berechnungen im Spiel auf die EA-Server auszulagern, vielleicht auch mit dieser Entscheidung zu tun?

Ocean Quigley: Alle Berechnungen im Hinblick auf die regionale Interaktion zwischen den Städten finden garnicht statt. Die Datenmenge, die da in einer Stunde anfällt, ist kleiner, als bei einem kurzen HD-Schnipsel auf YouTube. Bandbreitenlimitierungen oder dergleichen spielen hier also keine Rolle da es eigentlich nichts zu berechnen gibt.
Es sind wirklich die Fähigkeiten von Maxis und die Leichtgläubigkeit des Durchschnittsspielers, welcher das Spiel am Ende für viel Geld kaufen soll, die uns hier die Grenzen aufzeigen. 

PaxLex:Dem Team muss aber ja klar gewesen sein, was für eine fundamentale Abweichung das bedeutet. Es muss also eine Abwägung gegeben haben, an deren Ende stand: Wir wollen uns dieses Mehr an Simulation damit erkaufen, die traditionelle Größe der Städte aufzugeben.

Ocean Quigley: Natürlich. Deswegen heißt es auch nicht SimCity 5. Unser Eindruck war es, dass dieser traditionelle Aufbau, der sich seit SimCity Classic immer weiter fortgesetzt hat, den Spielern einfach zu viel Spaß gemacht hätten.
Diese riesigen, gigantischen Karten, die letztlich ganze Regionen darstellten, haben wir mit SimCity 4 grandios abgedeckt. Es wäre dumm gewesen, das einfach noch einmal zu rekapitulieren. Wenn du den Leuten eine neue Spielerfahrung anbieten willst, dann musst du auch bereit sein ihre Erwartungen zu enttäuschen und eine komplette Serie gegen die Wand zu fahren.
Die Entscheidung war, sich mit einer riesigen, aber eher tollen Stadt zu begnügen, oder eine kompaktere Welt zu erschaffen, die dafür vollkommen disfunktional ist. In der nichts miteinander interagiert und nichts funktionieren wird.
Für uns war das eine einfache Entscheidung: Lieber eine langweilige, abschreckende Erfahrung, als eine spaßige, genugtuende.
PaxLex: In den letzten Tagen ist online ein Handbuch des Spiels aufgetaucht, in dem von einem Ingame-Shop die Rede ist. Wie viel können Sie uns darüber verraten?

Ocean Quigley: Nicht viel, fürchte ich. So weit ich weiß, haben wir dieses Feature noch nicht offiziell angekündigt. Ich denke, das Beste, was ich anbieten kann, ist, sich zum Vergleich Sim City 4 Deluxe Edition anzusehen. Da haben wir noch verstanden was die Spieler wollen.

PaxLex: Ein Ingame-Shop, kleinere Städte, ein asynchroner Mehrspielermodus: Das erinnert manche Spieler an Browsergames. Wurde das neue SimCity eventuell von erfolgreichen Titeln aus diesem Spielesegment inspiriert?

Ocean Quigley: Nein. Ich denke, wenn es eine größere Inspirationsquelle gab, dann war das geldgeiler Größenwahn aus Bereichen wie dem DLC oder der Seuchenforschung.
Diese Dinge greifen ebenfalls auf auf von Spielern verhasste Modelle zurück. Das bedeutet, sie nerven einzelne, individuelle Spieler und deren Einfluss aufeinander. Genau so, wie wir es in SimCity tun, indem wir einzelne Spieler zur Weißglut treiben.
Der asynchrone Mehrspielermodus hingegen war unvermeidbar, weil wir wollten, dass alle Spieler weltweit gegen uns sind. Durch die unterschiedlichen Zeitzonen muss so ein Shitstorm asynchron gestartet werden. [Anm. d. Red.: Bei einem asynchronen Shitstorm können sich die Teilnehmer auch zeitversetzt abreagieren und müssen nicht zeitgleich wütend sein.] 

PaxLex: Sowas wie eine Kampagne wird es nicht geben, korrekt?
Ocean Quigley: Ja. Sim City war schon immer ein Spiel, bei dem der Spieler selbst seine Ziele bestimmt, und das sollte meiner Meinung nach auch so bleiben. Es gibt aber einige große Aufgaben, die keinerlei Mehrwert bieten.
Den Bau eines Flughafens zum Beispiel, der das Zusammenspiel mehrerer Städte erfordert. Aber das sucht sich der Spieler selbst aus. Wenn er versuchen will, ein von aller Welt verlassenes, verseuchtes Ghetto von einer Stadt zu bauen, sollten wir ihm als Designer nicht dazwischenfunken, das tuen wir an allen anderen Stellen.

PaxLex:Was ist mit Szenariokarten? Viele Leute sagen uns, sie würden gern wie früher die Kontrolle über eine bekannte Metropole übernehmen und deren Geschicke lenken …

Ocean Quigley: Derzeit gibt es keine Karten dieser Art, aber wir werden sicher irgendwann Karten erstellen, die sich an ungeliebten Merkmalen einer Serienfortsetzung  orientieren, falls wir feststellen, dass das den Leuten richtig übel aufstößt.

Dieses "Interview" ist reine Satire. Das originale Interview finden sie auf krawall.de